Südlicher Wald (verso: Aquarell einer Wüstenlandschaft)
Fischer mit Netzen
Forio I
Landschaft mit Schlucht
Erwachender Frühling

Eduard Bargheer

Südlicher Wald (verso: Aquarell einer Wüstenlandschaft)

1968
Aquarell auf handgeschöpftem Bütten
32 x 43,1 cm


Auf insgesamt sieben Reisen zwischen 1960 und 1980 nach Nord- und Zentralafrika gewinnt Eduard Bargheer intensive Sinneseindrücke und wertvolle Einblicke in eine fremde Welt. Diese Erfahrungen geben entscheidende Impulse für sein Schaffen.
Voller Begeisterung über die exotische Schönheit Afrikas, stehen Wüstenstädte und Oasen im Mittelpunkt. Die dortigen Spielarten der Farb- und Lichtphänomene beschreibt der Reisende als gesteigertes „Licht-Erlebnis“; ihren Niederschlag finden solche Entdeckungen in zahlreichen Aquarellen wie zum Beispiel unserer schönen Arbeit "Südlicher Wald". Das Motiv entstammt vermutlich der Landschaft Ischias, die Insel, die sein ganz persönlicher Sehnsuchtsort und schließlich seine zweite Heimat wird und die das künstlerisches Schaffen des Hamburgers nachhaltig prägt. Das Licht des Südens, die elementare Formenwelt der Vegetation und die mediterrane Anmutung der Landschaft geben dem Künstler immer wieder Anlaß für neue Bildschöpfungen, wie unser zauberhaftes, intensiv in Grüntönen leuchtendes Aquarell belegt.

In der Papierarbeit „Südlicher Wald“ läßt Bargheer eine camouflageartige Struktur in gedecktem Grün und Ockertönen entstehen, die an einigen Stellen durch kräftiges Blau und hellere Lichtreflexe unterbrochen wird und so ein kontrastreiches Farbspiel hervorbringt. Auch in den helleren Bereichen tönt der Künstler das Papier mit einem zarten Grau ab und läßt so das gedämpfte Licht und die mystische Anmutung des Waldes noch stärker zur Geltung kommen.

Eduard Bargheer

Fischer mit Netzen

1965
Aquarell auf Velin
33,5 x 45 cm


Bargheer wächst in der Umgebung von Marsch und Elbe auf, eine alte reetgedeckte Fischerkate am Hang des Süllbergs in Hamburg-Blankenese ist sein Zuhause. So erlebt er intensiv die Arbeit und Gesellschaft der Fischer seines Heimatortes bei Hamburg.
Daher ist es nicht verwunderlich, daß Bargheer das Motiv des Angelns und Fischens zeitlebens immer wieder aufgreift, sei es in Gemälden, Aquarellen oder Graphiken. Unsere Papierarbeit ist vermutlich eine Vorlage für die im gleichen Jahr gestalteten Lithographien, u.a. für die Mappe "Ischia" (WVZ Rosenbach, Nr. 189 ff. und 217).
In unserem Bild vertieft Bargheer sich in die Wiedergabe von drei Fischern, die noch in ihren Booten sitzend, ihre Netze betrachten und ordnen. Wie kaum ein anderer Künstler weiß er das Medium Aquarell zu nutzen, um Formen in ihrer Leichtigkeit und Transparenz auf das Blatt zu bannen. Alles ist in eine monochrome, violett und rosa bis bräunlich schimmernde Farbigkeit getaucht – am Rand der Netze blitzen rote Tupfer als dynamische Akzente hervor. In den 1960er Jahren reist Bargheer – mit Ausnahme des Jahres 1965, wo er im Sommer auf Ischia, seiner zweiten Heimat weilt – nach Afrika. Auf insgesamt sieben Reisen gewinnt Bargheer intensive Sinneseindrücke und wertvolle Einblicke in eine fremde Welt. Der sich auch in dieser Arbeit sich widerspiegelnde farblich reduzierte, fast monochrome Gesamtklang der Töne, resultiert aus jenem subtilen Empfinden des Künstlers, der in Afrika eine "Relativierung des Lichts" erfährt, die "nach einer 'unfarbigen' Interpretations des Südens verlangte" (Sabine Fehlemann).

Unser Werk beweist einmal mehr, daß Eduard Bargheer einer der großen Aquarellisten seiner Zeit ist. Er bleibt dem Gegenstand trotz neu aufkeimender Kunstströmungen der Nachkriegszeit konsequent treu und schafft so künstlerisch einen einzigartigen, immer wieder faszinierenden Kontrapukt zum Mainstream.

Eduard Bargheer

Forio I

1959
Aquarell auf weichem Bütten (mit Wasserzeichen)
22,5 x 32,5 cm


Die Faszination für den Süden zieht sich wie ein roter Faden durch das künstlerische Schaffen Eduard Bargheers. Namentlich die im Golf von Neapel gelegene Insel Ischia und der Küstenort "Forio" wird sein ganz persönlicher Sehnsuchtsort, der sein künstlerisches Schaffen nachhaltig prägt. Das Licht des Südens, das Meer, die elementare Formenwelt der Vegetation und die von Bergen und Tälern zerklüftete der Landschaft geben dem Künstler immer wieder Anlaß für neue Bildschöpfungen – und so erklärt sich auch der Titel "Forio I", denn es gibt viele Variationen dieses Motivs.

Bargheer, fast fünfzigjährig, findet um 1950 seinen reifen Stil. In diesen Jahren werden seine Werke zunehmend abstrakter, wie unser Bild zeigt. Das Aquarell scheint in seiner Leichtigkeit und Transparenz die Formen aus Licht zu gestalten: die zarten Farbfelder gehen hier vorsichtige Verbindungen ein, sind dort von ausgesparten Papierflächen und -stegen luftig durchbrochen. Die Stadtlandschaft und Ansicht der Stadt Forio auf Ischia mit den angedeuteten Kuben und Dächerformen der Häuser wird in einem abstrahierten Formengewebe auf das Papier gebannt, wobei die Atmosphäre des erlebten Augenblicks eine Steigerung zu erfahren scheint.

Eduard Bargheer

Landschaft mit Schlucht

1959
Aquarell auf Bütten
31 x 48,4 cm


Wie sehr Eduard Bargheer von der Natur stimuliert wird, beweist unser vielschichtiges Blatt. Bargheer ist bereits seit den 1950er Jahren zum sog. "reifen" Stil gelangt und stellt im Jahr der Entstehung unseres Aquarells zum zweiten Mal auf der documenta in Kassel aus.
Dem Titel entsprechend greift er das Phänomen der Räumlichkeit in dieser Arbeit zwar auf, doch ist dem Künstler wie in all seinen Aquarellen mehr an der flächenhaften Struktur des Bildes gelegen. Die Dimensionen von Raum, Gegenstand und Licht schmelzen in einem kohärenten Zusammenspiel aus luftigen Farbfeldern, Mustern und Strichbahnen zusammen. Motive können sich nur leicht erahnen lassen, wage Assoziationen werden beim Betrachter entfacht. Doch die zarten, flüssig aufgetragenen Wasserfarben befreien und lösen das Gedachte wieder auf. Bargheer schenkt uns seinen lyrischen Blick auf die tatsächlich gesehene Landschaft mit einer "Schlucht", bereichert um eine metaphysische Dimension.

Eduard Bargheer

Erwachender Frühling

1955
Aquarell auf leicht strukturiertem Bütten
22,4 x 32,4 cm


Eduard Bargheer ist für seine gewebeartig strukturierten Aquarelle der 1950er Jahre bekannt. In der abstrahierenden Bildgestaltung werden elementare Formzeichen zu Symbolen einer gesehenen und reflektierten Wirklichkeit. Auf diese Art und Weise soll das formale Beziehungsgeflecht der Gegenstandswelt sichtbar werden. Im Entstehungsjahr dieser Arbeit, 1955, ist Bargheer aufgrund seiner Bedeutung für die Balance zwischen Abstraktion und Gegenständichkeit Teilnehmer der "documenta 1" in Kassel. Unsere Arbeit, die gänzlich ohne Bleistiftvorzeichnung auskommt, ist ein wunderbares Beispiel für diese Kunst und jene Gratwanderung.
Die exotischen Pflanzen verkörpern geradezu symbolisch den "erwachenden Frühling" seiner geliebten Insel Ischia und verdeutlichen einmal mehr, wie sehr sich der Maler der südlichen Atmosphäre des Mediterranen hingibt.

Über Eduard Bargheer

Geboren: 1901 in Hamburg
Gestorben: 1979 in Hamburg

Nach einer Mal- und Zeichenausbildung an der Kunstgewerbeschule Hamburg-Lerchenfeld 1918 und nach Abschluss des Lehrerseminars 1924 beginnt Bargheer sein Studium an der Kunstschule Gerda Koppel als Schüler von Friedrich Ahlers-Hestermann. 1929 wird er Mitglied der Hamburger Sezession. Durch ein Stipendium kann er sich 1933 einen längeren Parisaufenthalt mit einem eigenen Atelier finanzieren. Im Herbst 1935 besucht Bargheer die italienische Insel Ischia, die er fortan jährlich bereist und wo er in den folgenden Jahren die Maler Werner Gilles und Rudolf Levy kennen lernt und sich künstlerisch anregende Freundschaften entwickeln. 1935 macht er die Bekanntschaft mit Paul Klee, den er ein Jahr später in Bern besucht. Die kriegsbedingte Übersiedlung des Künstlers 1939 nach Foro d'Ischia führt zu einem stilistischen Wandel. Die Werke seiner Italienzeit zeigen eine deutliche Hinwendung zur Abstraktion und zeichnen sich durch eine leuchtende Farbigkeit aus, wie sie in vielen seiner lebendigen, mosaikartigen Aquarellen deutlich wird. Erst 1950 kommt er zurück nach Deutschland, wo 1953 in der Kestner-Gesellschaft Hannover eine erste Retrospektive stattfindet. Es folgen Lehraufträge als Gastdozent und Professuren an den Universitäten in Berlin, Hamburg und Rom.
Zum 75. Geburtstag des Künstlers wird 1976 die große Retrospektive im Hamburger Kunsthaus eröffnet und die Eduard Bargheer-Stiftung zur Förderung junger Künstler ins Leben gerufen. Drei Jahre später stirbt der Maler mit 78 Jahren in seiner Geburtsstadt Hamburg-Finkenwerder.