Wassily Kandinsky
Postkarte zur Ausstellung des Staatlichen Bauhauses Weimar 1923
1923
Farblithographie auf leichtem Karton (Postkarte)
14,8 x 10,5 cm
Unsere Farblithographie ist Teil der Folge von 20 Postkarten, die aus Anlaß der Bauhaus-Ausstellung mit einer Auflage von jeweils 2000 Karten pro Künstler erscheinen und vom Bauhaus gedruckt und verlegt werden. Heute gehört diese Postkarte zu den meistgesuchten und attraktivsten dieser Folge, Exemplare befinden sich etwa in der Kunsthalle Bremen, dem MoMA in New York oder dem Philadelphia Museum of Art.
Unsere Lithographie demonstriert alle Errungenschaften Kandinskys, des Wegbereiters und Meisters der „reinen“, ungegenständlichen und assoziativen Malerei. Kandinsky ist im Jahr 1923 bereits ein Jahr Lehrer an der graphischen Druckerei des Staatlichen Bauhauses. Die Postkarte steht in enger Verbindung mit Kandinskys letzter – und wohl bester – Farblithographie „Orange“. In der Nachfolge seiner epochalen Mappe „Kleine Welten“ stellt sie stilistisch, ebenso wie das Motiv unser Postkarte, einen nächsten Schritt in Kandinskys Entwicklung dar: seine Formensprache ist weniger verspielt und chaotisch, dafür aber mit größerer Klarheit und Gelassenheit und einer unübertroffenen Subtilität der Farbgebung.
Komprimiert im Kleinformat entfaltet sich ein Mikrokosmos aus Geometrisierung und dem Spiel mit mal schwächer, mal stärker gesetzten Linien, Punkten, geometrischen Formen wie einem Schachbrettmuster und kräftigen, sich kreuzenden Diagonalen. Dabei sind diese Mittel ohne jeglichen zentralen Schwerpunkt schwebend auf dem Blatt angeordnet. Aus dieser dynamischen Spannung und den bewußt minimal eingesetzten symbolischen Farbtönen – denen Kandinsky in seinen Schriften was Platzierung und Interaktion betrifft, jeweils tiefe kosmische Bedeutung beimißt – entfacht sich ein musikalischer Klang, Kandinskys beabsichtigte Synästhesie. Somit wird Kandinskys Vorstellung von der engen Verbundenheit zwischen Musik und Malerei auch in dieser Karte lebendig. Die heiter schwingende, musikalische Note, die von seinen Kompositionen ausgeht, ist spürbar.
In seinem Traktat „Punkt und Linie zu Fläche“ reflektiert Kandinsky auch die Besonderheiten der Drucktechniken und schreibt ihnen unterschiedliche gesellschaftliche Werte zu. Die Lithographie ist für ihn die "demokratischste" Technik, da sie die Herstellung einer unbegrenzten Anzahl identischer Abdrücke ermögliche. Sie sei auch die malerischste aller Methoden, die sich hervorragend für den Farbdruck eigne und die die Ideale des Bauhauses – die Schaffung schöner und rationaler maschinell hergestellter Kunst- und Designobjekte – der Masse zugänglich mache.